Geschichte des Wichern-Haus e.V.

Die Entstehung des Vereins

1885 
entsteht in Uelzen ein Verein (Gründungsdatum: 07.06.1885; 1. Generalversammlung und Verabschiedung der Staturen), der fortan den Namen Herberge zur Heimat führte. Dieser Verein hatte sich aus dem 1880 in der St. Marien-Gemeinde, Uelzen, gegründeten Komitee zur Errichtung einer Uelzener Herberge zur Heimat gebildet. Dieses Komitee erwarb 1884 ein Haus mit Grundstück vor dem Lüneburger Tor (später: Lüneburger Str. 67) und stellte am 22.04.1884 einen Antrag auf Anerkennung als juristische Person an die Königliche Landdrostei in Lüneburg. Das Jahr 1885 ist das Geburtsjahr des Vereins Altenwohnheim Wichern-Haus.

Wer den Anstoß für die Gründung des Vereins gab, lässt sich nicht mehr feststellen. Möglich ist, dass die Initiative von den Geistlichen bzw. dem Kirchenvorstand der St. Marien-Gemeinde ausging. Diese Vermutung wird durch die Tatsache gestützt, dass Probst Beer den 1. Vorsitz innehatte und dass die Kirche Grundbesitz an den Verein verkauft hatte.

Der Verein verfolgte den Zweck „Handwerksgesellen und sonstige Arbeitnehmer zu guter Ordnung und Sitte anzuhalten, den zahlungsfähigen Wanderern gegen billige Vergütung gute Kost und reinliches, freundliches Logis, den mittellosen Wanderern gegen angemessene Arbeit in der Herberge aufzunehmen und zu verpflegen und endlich den Wanderern Arbeit nachzuweisen.“  

1890
bestand der Verein aus 363 Mitgliedern.


1891
verkaufte die Uelzener St. Marien-Gemeinde ein Hausgrundstück an der Lüneburger Str. 67 an den Herbergsverein zur Heimat. Damit das Hausgrundstück im Grundbuch eingetragen werden konnte, verlieh der deutsche Kaiser Wilhelm II. dem Verein die Rechte einer juristischen Person.


1912
(am 01.09.) ging durch einen Tauschvertrag mit der Stadt Uelzen die Gebäude und ein Grundstück in der Niendorfer Str. 55

(Armenhaus)gegen die in der Lüneburger Str. 67 in den Besitz des Herbergsvereins über. Während in den ersten Jahren nach Gründung des Vereins wandernde Handwerksgesellen aufgenommen wurden, meldeten sich immer mehr Arbeit suchende Männer. Durch die sich ausweitende Industrialisierung gerieten viele Menschen auf die Straße, weil sie sich in der Industrie bessere Arbeitsmöglichkeiten erhoffen. 


1928-33,
während der Jahre der großen Arbeitslosigkeit, durchlebte die Herberge eine schwarze Zeit, in der die Herbergsmitarbeiter unermüdlich einen entsagungsvollen Dienst leisteten. In dieser Zeit bewährten sich die Wandererarbeitsstätten. Auch auf dem Gelände der Herberge wurde eine solche Arbeitsstätte eingerichtet.


1933
änderte sich die Situation. Die Zahl der Arbeitslosen ging zurück. Die Gäste der Herberge bestanden jetzt überwiegend aus Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen mit ihrem Leben nicht mehr fertig wurden. Der Nationalsozialismus hatte mit diesen Leuten kein Erbarmen und unternahm Versuche, die Herberge zu schließen.     


1936
wurde Wandererarbeitsstätte geschlossen.


1939
wandelte man die Herberge in ein Altenheim (Altmännerheim) mit parallellaufendem Herbergsbetrieb um und konnte damit eine Schließung verhindern.

Die Jahre des Zweiten Weltkrieges gingen nicht spurlos an der Herberge vorbei. Das Gebäude wurde durch Beschuss beschädigt, die Inneneinrichtung konnte nicht laufend ergänzt werden und erneuert werden. Stark angeschlagen hatte die Herberge viele Menschen zu verkraften, die nach 1945 umherirrten und keine Bleibe mehr hatten.


1954/55
konnte das Gebäude in der Niendorferstr. 55 mit großem Kostenaufwand endlich umfassend umgebaut werden. Im Erdgeschoss sollten die Durchreisenden aufgenommen werden, das mittlere Geschoss war als Altersheim vorgesehen und im 2. Geschoss sollten diejenigen aus dem Kreis der Durchwanderer in sauberen 2-Bettzimmern wohne, die eine feste Arbeit fanden. Dieser Plan konnte jedoch nur zum Teil verwirkt werden. Die Ledigen-Abteilung des ehemaligen Armenhauses blieb leer und diese Räume wurden dann als Einzelzimmer der Altersheim-Abteilung angegliedert und mit Frauen belegt.

1956
wurde der Name der Einrichtung „Herberge zur Heimat“ in „Altenwohnheim Wichern-Haus“ abgeändert. Der alte Name war sehr belastet und weckt falsche Vorstellungen, die der Arbeit im Wege standen. Der neue Name wies direkt auf die in der Arbeit des Hauses stattgefundene Schwerpunktverlagerung hin.

Das entsprach ganz den Erfordernissen.

In immer größerer Zahl wurden die Bitten alter Menschen um Aufnahme an den Verein herangetragen, sodass sich der Vorstand mit Plänen für einen Erweiterungsbau befassen musste.


Marmorplatte zur Erinnerung an den Erweiterungsbau von 1963

1963
konnte dieser Erweiterungsbau eingeweiht werden. Nun konnten im Wichern-Haus 80 Menschen fast ausschließlich in Einzelzimmern betreut werden. Daneben wurde eine Durchreisenden-Abteilung mit 16 Betten eingerichtet, die einen separaten Eingang von der Straße her erhielten und damit von dem Altersheim völlig abgetrennt war.

1964
 änderte man den Vereinsnamen „Herberge zur Heimat e.V.“ in „Altenwohnheim Wichern-Haus e.V.“.

1965/66
erfolgte der Anbau eines Andachtssaales mit Altarnische, der durch Verschluss Letzterer in einen Mehrzwecksaal (zuletzt war dieser der Speisesaal) verwendet werden kann. Den darunterliegenden Raum gestaltete man zu einem schönen Gemeinschaftsraum (zuletzt der Wintergarten) um.

Wichern-Haus Neubau 1963 mit Altbau 

Andachtsraum und Festsaal, 1966

Anfang der 70er Jahre deutete sich an, dass der bestehende Altbau in dieser Form auf Dauer nicht genutzt werden konnte. Man überlegte, wie man das Problem lösen konnte Die Wünsche und Bedürfnisse alter Menschen zielten immer mehr auf größere Räume und bessere Ausstattung. Durch die Errichtung von Sozialstationen und die Beobachtung der Situation alter Menschen in Stadt und Landkreis Uelzen kam ein weiterer Aspekt hinzu, nämlich vermehrt Pflegeplätze zur Verfügung zu haben.

1974
trat das Heimgesetz in Kraft und damit wurde deutlich, dass der Altbau von 1894 nicht mehr den gesetzlichen Vorschriften entsprach. Ab 1974 begannen die Planungen für einen Um- und Erweiterungsbau. Da mit dem erheblichen Planungsaufwand auch erhebliche Geldmittel erforderlich wurden, wurde auf Empfehlung des Diakonischen Werks Hannover die Gemeinnützige Siedlungsgesellschaft Hannover beauftragt, das gesamte Bauvorhaben zu betreuen. Nach mehrjährigen Verhandlungen konnte die Planung festschreiben und die Finanzierung sichergestellt werden. Nun konnten 64 neue Plätze geschafft werden, die für Pflegefälle eingerichtet werden soll. Damit verfüge das Wichern-Haus über gesamt 85 Heimplätze.

1975 
erwarb der Verein das Gebäude mit Grundstück in der Hambrocker Str. 50.

1979 
(im Oktober) wurde der Beschluss über das Bauvorhaben nach Plänen des Architekten Lutz Michaelis gefasst. Das Bauvorhaben wurde von der Baufirma Phillipp Holzmann AG, Hannover (als Generalunternehmer), unter Beteiligung Uelzener Firmen ausgeführt. 

1980 begann die Baumaßnahme in 3 Bauabschnitte:
1980/81
(März): Fertigstellung Bauteil C (hinterer Neubau / Garten)

1981
(März): Abriss des Gebäudes von 1894                                    


1982
(Januar): Fertigstellung Bauteil A (vorderer Neubau / Niendorfer Straße)                                                                                       


1982 
(Frühjahr): Bauteil B (Altbau), neue Fenster, anstrich Flure, Gestaltung der Außenanlage.

Aus Kostengründen fand keine umfassende Sanierung des Altbaus statt.

Der Erweiterungsbau wurde im laufenden Betrieb mit verminderter Belegschaft durchgeführt. Das Wichern-Haus stellte jetzt 84 Heimplätze in 60 Einzel- und 12 Doppelzimmern zu Verfügung. Sämtliche Zimmer in den Neubauten wurden mit eigenen Sanitärräumen ausgestattet.

 Rohbau Bauteil A, Ansicht Innenhof, 1981
Rohbau Bauteil A, Ansicht Innenhof, 1981
1981/82
wurde dem Altenwohnheim Wichern-Haus e.V. das Gebäude mit Grundstück in der Niendorfer Str. 45 aus dem Erbe von Frau Gertrud Noch überschrieben.
1983 änderte man den Vereinsnamen Altenwohnheim Wichern-Haus e.V. in Wichern-Haus e.V.

1983-85
fanden weitere umfangreiche Baumaßnahmen statt:
            -  Küchensanierung
            -  Einrichtung eines Friseursalons
            -  Umgestaltung des Wintergartens mit Terrasse
1985
(Juli) feierte der Verein Wichern-Haus sein 100-jähriges Bestehen. Die Jubiläumsfeier fand in einem großen Festzelt im Garten statt, mit Bewohnern, Angehörigen, Mitarbeitern, Nachbarn, Gästen aus Politik und kommunaler Verwaltung.

1987/88
konnte das Gebäude mit Grundstück in der Hambrocker Str. 52 gekauft, die Gartenanlage erweitert und ein Zugang zur Hambrocker Straße geschaffen werden.

1988/89
musste – aufgrund der personellen vergrößerten Verwaltung – die räumliche Situation verändert, d.h. zeitgemäße Arbeitsplätze geschaffen werden. Ein weiterer Umbau in Bauteil B (Altbau) schuf 3 Räume für die Verwaltung und 3 Dienstzimmer für den Pflegebereich. Außerdem entstanden 6 Zimmer mit Sanitärbereich.

Verschiedene Faktoren machen deutlich, dass eine Sanierung und ein Umbau des Altbaus von 1964 notwendig wurden. Wegen der fehlenden eigenen Sanitärräume waren die Zimmer des Altbaus schwer zu vermieten. Pflegebedürftige konnten hier nur unter erschwerten Bedingungen fachgerecht versorgt werden. Die Zunahme der pflegebedürftigen Menschen im Heim bedingte die Beschäftigung von mehr Mittarbeitern und Mitarbeiterinne. Seit 1981 war deren Anzahl von 15 auf ca. 70 gestiegen. Die notwendigen Sozialräume standen nur unzulänglich zur Verfügung.

Zusätzlich wurde der schwierige Umgang mit den wohnungslosen Männern, die in der Herberge in einem separaten Bereich im Altbau von 1964 versorgt wurden, zunehmend ein Problem. Im Laufe der Jahre kam es zu erheblichen Spannungen mit Bewohnern und Mitarbeitern.




100-Jahre-Feier, 1995 

 

Herberge ab 1995, Niendorferstr. 61
1991
kaufte der Verein das Gebäude mit Grundstück in der Niendorfer Str. 61 für die geplante Verlegung des Herbergsbetriebes aus der Niendorfer Str. 55.

1992
baute man die alten Räumlichkeiten mit finanzieller Hilfe der Stadt Uelzen nach Plänen des Architekten Manfred Hahn zu einer Herberge mit besseren Standards um. Die wirtschaftliche Anbindung der Herberge an das Altenheim war durch die unmittelbare Nachbarschaft auch weiterhin gegeben.


1995
wurde die Herberge in das Gebäude in der Niendorfer Str. 61 verlegt und der Betrieb mit 8 Übernachtungsplätzen konnte aufgenommen werden. Die jetzt frei gewordenen Herbergsräume im Altbau von 1963 (Bauteil B, Niendorfer Str. 55) wurden umgestaltet in Sozialräume für Mitarbeiter, mit Pausenraum, Umkleideräume, Duschen und Toiletten.

Nun war der Verein in der Lage, die Sanierung des Altbaus von 1963 (Bauteil B) durchzuführen.

1998
(März) begann der Umbau nach Plänen des Architekten Manfred Hahn. Die Durchführung gestaltete sich nicht ganz einfach, da der Umbau bei laufendem Betrieb vonstattengehen musste. Die Bewohner/-innen des Hauses überstanden die Bauzeit mit viel Geduld und Verständnis. Unter Einbeziehung der nicht benötigten Gemeinschafts-Sanitärräume erhielten sämtliche Zimmer des Altbaus einen neuen Grundriss mit eigenem Sanitärraum. Die Anzahl der Wohnräume blieb erhalten, sodass nach wie vor 83 Heimplätze plus 1 Krankenzimmer in 60 Einzel- und 12 Doppelzimmer mit eigenem Sanitärraum angeboten werden konnten.

2000/2001
wurden die Flure in den Bauteilen A und C des Neubaus aufwendig renoviert.

2002  
baute man das Kellergeschoss in Bauteil C um mit:
          - Aussegnungsraum
          - Besprechungszimmer   
          - Büro für Qualitätsbeauftragte
          - Sanitärraum

2004/2005

wurde der Andachtsraum umgebaut und die Nutzfläche in Richtung Garten vergrößert. Im Erdgeschoss richtete man einen Speiseraum und eine Cafeteria ein und verlegte den Andachtsraum in den Bauteil B im 1. Obergeschoss. Im Kellergeschoss befand sich jetzt der Wintergarten in der Funktion eines Veranstaltungsraumes. Die neue Räumlichkeit bekam direkte Anbindung an den Garten mit rollstuhlgerechter Rampe. Zusätzlich wurde die Gartenanlage zur Nutzung aller neugestaltet.

                                                                                              



2006 
erfolgten weitere bauliche Neuerungen:

       - Neubau des Haupttreppenhauses (gemäß der Brandschutzauflagen)

       - Umgestaltung des Haupteinganges innen

       - Einbau eines Blockheizkraftwerkes

2008/2009/2010
wurde weiter umgestaltet und modernisiert:

        - Umgestaltung des Haupteinganges sowie der gesamten Außenanlagen an der Niendorfer Str. 55

        - Modernisierung der Lichtrufanlage (gemäß der TÜV-Auflagen)

        - Modernisierung der Wasserversorgungsanlage (gemäß der Auflagen des Gesundheitsamtes)

Quellenangabe: Inhaltliche Konzeption, Texte und Textbearbeitungen - Ute Heuer, Germanistin M.A.